Dr. Monique Stengel erklärt die Verbindung zwischen Haut und Gesundheit

Was verrät die Haut über unsere Gesundheit?

Die Haut ist unsere Visitenkarte, die unserem Gegenüber verrät, wie es um unsere körperliche und seelische Gesundheit bestellt ist. Über dieses spannende Thema durfte ich am 16. März Thema in der Live-Sendung „Wir in Bayern“ sprechen:

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Was kann ungewöhnliche Blässe oder Röte bedeuten?

Ungewöhnliche Blässe kann eine Anämie (Blutarmut) anzeigen, also einen Mangel an rotem Blutfarbstoff oder einen Mangel an roten Blutkörperchen. Ursächlich für eine Anämie können u. a. ein Eisenmangel, Erkrankungen des blutbildenden Knochenmarks oder der Nieren, Blutkrebs, bestimmte Medikamente oder Blutungen sein. Möglicherweise steckt hinter Blässe aber auch ein niedriger Blutdruck oder eine Infektion, wie z. B. eine Erkältungskrankheit. Bei blass-fahlem bis gelblichem Hautkolorit kann eine Lebererkrankung wie ein knotiger Umbau der Leber (Leberzirrhose) Auslöser sein.

Auch Erkrankungen des Stoffwechsels wie eine Schilddrüsenunterfunktion oder Diabetes können hinter einer auffallenden Blässe der Haut stecken. Eine stellenweise blasse bis violette Hautfarbe verbunden mit Schmerzen tritt zum Beispiel bei Durchblutungsstörungen der Beine (periphere arterielle Verschlusskrankheit, kurz ‚pAVK‘) auf.

Umgekehrt kann eine ungewöhnliche Hautrötung durch emotionale (z. B. Stress) oder hormonelle Faktoren (z. B. Menopause), physikalische (z. B. Hitze) oder durch chemische Einflüsse (z. B. Alkohol) oder durch Nahrungsmittel (z. B. Glutamat) hervorgerufen werden oder bei bestimmten Neubildungen (z. B. Bauchspeicheldrüsenkrebs) oder bei einem erhöhten Blutdruck vorkommen.

Auch die Einnahme von Arzneimitteln wie u. a. Kortison, Blutdrucksenker wie Calciumantagonisten oder die zur Behandlung der Schuppenflechte eingesetzten Fumarate können eine Rötung der Haut verursachen.

Worauf kann schlaffe oder pralle Haut hinweisen?

Schlaffe oder pralle Haut, also die Spannkraft, kann etwas über unseren Flüssigkeitshaushalt verraten. Körper und Haut bestehen beim erwachsenen Menschen zu 70% aus Wasser. Nehmen wir ausreichend Flüssigkeit zu uns, so wird unsere Haut besser durchblutet und damit besser mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und zeigt eine bessere Spannkraft. Eine zu geringe Trinkmenge, z. B. im Alter bei nachlassendem Durstgefühl, kann sich an stehenden Hautfalten zeigen.

Schlaffe Haut ist aber auch Teil des natürlichen Alterungsprozesses und damit ab einem gewissen Alter physiologisch, weil die kollagenen und elastinen Fasern zahlenmäßig abnehmen und die Haut so an Spannkraft verliert.

Krankhaft ist dagegen eine teigige Schwellung an den Schienbeinen, sie kann auf eine Schilddrüsenunterfunktion hinweisen. Wassereinlagerungen im Bereich der Beine oder Augenlider können bei einer Nieren- oder Herzschwäche auftreten. Dicke, geschwollene Beine finden sich z. B. auch bei einer chronischen Venenschwäche.

Schlaffe oder pralle Haut verrät bedingt etwas über unsere Lebensweise, denn diese beeinflusst maßgeblich das Aussehen unserer Haut. So ist die Hautalterung nur zu 20% durch innere Faktoren wie eine erbliche Veranlagung bedingt. Den Löwenanteil einer vorzeitigen Hautalterung machen mit 80% äußere Faktoren aus, wie z. B. eine langjährige Sonnenexposition, Rauchen oder Umweltgifte wie Abgase und Dieselruß. Hautärzte können an der Gesichtshaut ablesen, ob ein Mensch sich viel der Sonne ausgesetzt hat und oft auch, ob er raucht.

„Die Haut ist das Spiegelbild der Seele“ – was ist dran?

Da ist definitiv etwas dran. Unsere Haut ist wie eine Leinwand, auf welcher der Interessierte und Geübte teilweise sehr gut erkennen kann, wie es um die Seele bestellt ist. Ein Beispiel ist die ‚Akne excoriée‘ bzw. die ‚Akne excoriée des jeunes filles‘, eine Variante der Akne-Erkrankung, die bevorzugt bei jungen Frauen auftritt und die durch wiederholtes, neurotisches Manipulieren an diskreten Hautunreinheiten ausgelöst wird und eine Narbenbildung im Gesicht, Dekolletee und den Schultern verursachen kann.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Stress und Hautkrankheiten?

Ja, die Psyche beeinflusst maßgeblich die Gesundheit unserer Haut. Neurodermitis, Schuppenflechte und Nesselsucht können aufblühen, wenn es der Seele nicht gut geht. Umgekehrt können sich chronische Hauterkrankungen wiederum negativ auf die Psyche auswirken. Wir wissen inzwischen, dass das vegetative Nervensystem bis in die obere Hautschicht reicht. Die Nerven kommunizieren über Botenstoffe mit den Immunzellen der Haut. Entwicklungsgeschichtlich lässt sich die Verbindung ebenfalls erklären: Haut, Nerven und Gehirn entstehen in der embryonalen Entwicklungsphase des Menschen aus den gleichen Zellanlagen.

Wer ist dann der richtige Ansprechpartner?

Für Hautkrankheiten ist in erster Linie der Hautarzt der richtige Ansprechpartner.

Dr. Monique Stengel erklärt dermatologische Verfahren im Bayerischen Rundfunk

Oft profitieren Patienten gerade bei Hauterkrankungen, die durch die Psyche mit beeinflusst werden können (z. B. bei chronischer Nesselsucht, Neurodermitis) von einem interdisziplinären Therapieansatz, das heißt hier arbeiten die beiden Fachdisziplinen Dermatologie und Psychologie/Psychosomatik im Optimalfall zusammen.

Welche Therapien kommen in Frage?

Autogenes Training, Qi Gong, progressive Muskelentspannung – je nachdem, was einem guttut und Freude macht, die Möglichkeiten sind unbegrenzt! Ich bin ein großer Freund von der Waldtherapie, denn das besondere Mikroklima im Wald hilft, Stress abzubauen und stärkt nachweislich das Immunsystem. So konnte eine japanische Studie belegen, dass nach einem zweistündigen Aufenthalt im Wald die Killerzellen, ein Teil unserer Immunabwehr zu 40% anstiegen. Dieser Effekt war sogar eine Woche danach noch messbar!

Können Gedanken/Gefühle den Verlauf von Hautkrankheiten beeinflussen?

Generell können Gedanken den Heilverlauf von Erkrankungen beeinflussen, das ist für den Placeboeffekt in der Medizin lange bekannt. Das gilt auch für Hautkrankheiten. Aufgrund der nahen Verwandtschaft von Gehirn, Nerven und Haut betreffen Krankheiten nicht selten beide Organsysteme: die Haut und das zentrale Nervensystem. Die gemeinsame Anlage verdeutlicht, warum seelische Probleme oft unseren Hautzustand verschlechtern können – und umgekehrt chronische Leiden wie Schuppenflechte und Neurodermitis die Psyche massiv beeinflussen. Unterschätzen Sie nie die Kraft Ihrer Gedanken!